Die Schattenseiten der deutschen Elite-Forschungseinrichtung

Probleme mit Fehlverhalten und Rechenschaftspflicht in der Max-Planck-Gesellschaft

Die Max-Planck-Gesellschaft, Deutschlands renommierteste Forschungsorganisation, wird seit langem für ihre wissenschaftliche Exzellenz geschätzt. Mit 31 Nobelpreisträgern gilt sie als Innovationsmotor. Doch hinter diesem Ruf verbirgt sich ein wachsendes Problem: Vorwürfe von Missbrauch, Belästigung und unkontrollierter Macht unter ihren leitenden Wissenschaftlern.

Berichte mehrerer Forscher deuten darauf hin, dass internationale Wissenschaftler, insbesondere Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund, anfällig für Misshandlungen sind. Der Mangel an effektiver Aufsicht hat es leitenden Mitarbeitern angeblich ermöglicht, Nachwuchsforscher auszubeuten und einzuschüchtern, ohne dass ihnen die Verantwortung übertragen wird.

Werden Wissenschaftler an Max-Planck-Instituten misshandelt?

Gabriel Lando, ein theoretischer Computerphysiker aus Brasilien, berichtet von einem erschütternden Erlebnis am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden.

„Er schlug auf seinen Tisch und schrie mich so an, dass ich ihn spucken sehen konnte“, erinnert sich Lando.

Ihm zufolge beschimpfte ihn Institutsdirektor Jan-Michael Rost wiederholt als „autistisch“ und „nutzlos“. Die unerbittlichen verbalen Beschimpfungen belasteten seine psychische Gesundheit schwer und hielten noch lange nach seinem Ausscheiden aus dem Institut an.

„Ich glaube, das waren die schlimmsten Momente meines Lebens“, sagt er. „Ich brauchte über ein Jahr, um darüber hinwegzukommen und nicht mehr davon zu träumen.“

Landos Erfahrung ist kein Einzelfall. Dutzende Forscher berichteten von ähnlichen Vorfällen und sprachen von verbalen Beschimpfungen, Einschüchterungen und karrieregefährdenden Vergeltungsmaßnahmen durch leitende Mitarbeiter.

Sind internationale Wissenschaftler stärker gefährdet?

Die Max-Planck-Gesellschaft lockt internationale Talente mit dem Versprechen erstklassiger Forschungsmöglichkeiten an. Berichte deuten jedoch darauf hin, dass internationale Wissenschaftler einem überproportionalen Risiko von Misshandlungen ausgesetzt sind.

Zu den wichtigsten Bedenken zählen:

  • Mobbing und verbale Beschimpfungen durch erfahrene Forscher
  • Ausschluss von kritischen Diskussionen und Entscheidungsprozessen
  • Plagiat und falsche Zuordnung von Arbeiten
  • Vergeltungsmaßnahmen für die Meldung von Fehlverhalten

Aubrey, eine Wissenschaftlerin, die an einem Max-Planck-Institut in Ostdeutschland promoviert, beschreibt eine toxische Arbeitskultur, in der Sexismus tief verwurzelt war.

„Ich wurde von Diskussionen über mein Projekt ausgeschlossen“, verrät sie. „Manchmal gaben andere meine Arbeit als ihre eigene aus. Das war einfach gängige Praxis.“

Trotz zahlreicher Zeugenaussagen bestritt das Institut, in den letzten Jahren Berichte über sexistisches Verhalten erhalten zu haben.

Fördert das Max-Planck-Modell Machtmissbrauch?

Die Max-Planck-Gesellschaft verfolgt ein einzigartiges Betriebsmodell, das ihren Spitzenwissenschaftlern erhebliche Autonomie gewährt. Diese Struktur geht auf das Jahr 1911 zurück, als Adolf von Harnack vorschlug, Forschungsinstitute um einzelne Wissenschaftler herum aufzubauen und nicht um starre Verwaltungssysteme.

Dieser Ansatz hat zwar zu bahnbrechenden Entdeckungen geführt, konzentrierte aber auch die Macht in den Händen weniger hochrangiger Persönlichkeiten und setzte Nachwuchsforscherinnen und -forscher angreifbar. Viele internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind auf Vertragsverlängerungen für ihre Residency angewiesen, was einige Direktoren angeblich ausnutzen.

Elias, Doktorand am Dresdner Institut, beschreibt, wie Rost Vertragsverlängerungen manipulierte.

„Er hatte Macht über uns von außerhalb Europas“, erklärt Elias. „Er missbrauchte seine Autorität und drohte, Verträge nicht zu verlängern, wenn wir nicht seinen Wünschen nachkämen.“

Als die Max-Planck-Gesellschaft mit diesen Vorwürfen konfrontiert wurde, erklärte sie, Rost könne solche Äußerungen nicht bestätigen und weigerte sich, auf anonyme Beschwerden einzugehen.

Probleme mit Fehlverhalten und Rechenschaftspflicht in der Max-Planck-Gesellschaft

Werden Whistleblower zum Schweigen gebracht?

Trotz offizieller Beschwerdemöglichkeiten scheuen sich viele Wissenschaftler, Fehlverhalten zu melden. Manche kennen das Meldeverfahren nicht, andere befürchten, ihrer Karriere zu schaden.

Lando versuchte, seinen Missbrauch zu melden, erhielt jedoch widersprüchliche Aussagen zur Anonymität.

„Mir wurde gesagt, das Verfahren sei vertraulich und anonym, aber später hieß es, irgendwann müssten die Namen bekannt gegeben werden, um die Untersuchung fortzusetzen“, erinnert er sich.

Felix, ein ehemaliger Doktorand an einem Institut in Süddeutschland, machte eine ähnliche Erfahrung. Nachdem er 2022 eine formelle Beschwerde eingereicht hatte, wurde ihm mitgeteilt, dass sein Bericht an den Geschäftsführer seines Instituts weitergeleitet würde – jemanden mit einem direkten Interessenkonflikt. Als er Einspruch erhob, wurde die Untersuchung eingestellt.

„Ich hatte das Gefühl, dass überhaupt kein Interesse an einer Untersuchung bestand“, sagt Felix. „Ich möchte nicht, dass junge Wissenschaftler das durchmachen müssen, was ich durchgemacht habe.“

Die Max-Planck-Gesellschaft betont, dass bei Untersuchungen zu Fehlverhalten die Vertraulichkeit gewahrt werde, weigert sich jedoch, Angaben zur Anzahl der eingereichten Beschwerden oder der ergriffenen Disziplinarmaßnahmen zu machen.

Gibt es eine Aufsicht, die Missbrauch verhindert?

Der Bundesrechnungshof veröffentlichte 2024 einen Bericht, in dem er die Max-Planck-Gesellschaft für ihren Mangel an wirksamen Aufsichtsstrukturen kritisierte. Obwohl die Organisation jährlich über 2 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln erhält, arbeitet sie Berichten zufolge ohne ein unabhängiges Aufsichtsorgan.

Der Bericht stellt fest: „Der Präsident kontrolliert de facto sein eigenes Handeln.“

Thomas Sattelberger, ehemaliger Abgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär für Bildung und Forschung, spricht sich lautstark für Reformbedarf aus.

„Es braucht öffentliche Aufsichtsorgane“, argumentiert er. „Und diese Organe müssen für Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen werden, genau wie in anderen Bereichen.“

Ohne Rechenschaftspflicht, warnt er, sei Deutschlands wissenschaftlicher Ruf gefährdet.

Verlassen Wissenschaftler Deutschland aufgrund einer toxischen Arbeitskultur?

Die anhaltenden Vorwürfe und die mangelnde Kontrolle haben einige Wissenschaftler dazu veranlasst, Deutschland für bessere Chancen zu verlassen. Lando, der einst von einer langfristigen Karriere in Deutschland träumte, verließ das Land 2021, nachdem er eine Vertragsverlängerung abgelehnt hatte. Heute forscht er an einem renommierten Institut in Südkorea zum Thema Quantenchaos.

„Heute arbeite ich mit Menschen zusammen, die Wissenschaft aggressiv betreiben, und das gefällt mir nicht“, meint Lando. „Ein aggressives wissenschaftliches Umfeld, in dem die Ideen der anderen hinterfragt werden, kann produktiv sein.“

Er macht jedoch einen entscheidenden Unterschied.

„Er [Rost] kämpfte nicht gegen die Wissenschaft“, schlussfolgert Lando. „Er kämpfte gegen die Person. Er hat mich gedemütigt.“

Was muss sich ändern?

Die Max-Planck-Gesellschaft muss dringend Maßnahmen ergreifen, um weiteren Schaden zu verhindern und das Vertrauen in ihre Institutionen wiederherzustellen. Wichtige Schritte sind:

  • Einrichtung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde zur Überwachung von Beschwerden
  • Durchsetzung strengerer Richtlinien zur Verhinderung von Mobbing und Missbrauch
  • Gewährleistung transparenter und anonymer Beschwerdemechanismen
  • Verantwortung leitender Mitarbeiter für Fehlverhalten
  • Förderung von Vielfalt und Inklusivität in Forschungsinstituten

Wenn keine sinnvollen Reformen umgesetzt werden, riskiert Deutschland, seine besten Köpfe an Länder zu verlieren, die ein sichereres und unterstützenderes Forschungsumfeld bieten.

Abschließende Gedanken

Die Max-Planck-Gesellschaft ist seit langem ein Leuchtturm wissenschaftlicher Exzellenz, doch Missbrauchsvorwürfe drohen ihr Erbe zu überschatten. Ohne angemessene Aufsicht und Rechenschaftspflicht könnten junge Wissenschaftler weiterhin im Stillen leiden, und die Zukunft der deutschen Forschung könnte auf dem Spiel stehen. Es ist Zeit für Veränderungen.